Sprich Menschen, denen du gerade erst begegnet bist, mit ihrem Namen an.
Menschen mögen es, mit ihrem Namen angesprochen zu werden, sodass sie dir gegenüber schnell Vertrauen entwickeln.
Vorbemerkung: Es ist kein Zeichen von Krankheit, wenn einem Namen oder Begriffe nicht mehr sofort einfallen, denn das hat in der Regel damit zu tun, wie das menschliche Gedächtnis grundsätzlich funktioniert: Je schneller man etwas erinnern will, meist weil man denkt, es besonders schnell erinnern zu müssen, umso schwerer fällt dieser Inhalt dann ein, wobei in einer Situation, in der man unter Druck steht, es müßig ist, sich noch mehr anzustrengen.
Anschaulich in der Süddeutschen Zeitung vom 6. Mai 2020: „Die peinlichsten Momente während geschäftlicher Treffen ergeben sich oft in den ersten Minuten. Man ist leicht nervös, weiß nicht recht, ob die Vorbereitung ausreichend war, und jetzt muss jeder Satz sitzen, bloß nicht blamieren. Dann die Vorstellungsrunde, Herr Sowieso, Frau Soundso, schön Sie kennenzulernen, ja, wir freuen uns auch. Blackout, Festplatte im Kopf formatiert – alle Namen in Windeseile wieder vergessen. Und so beginnt der vorsichtige und ebenso unbeholfene Versuch, sich keine Blöße zu geben. Vielleicht spricht ja einer der Teilnehmer des Meetings die anderen noch mal persönlich mit Namen an, das wäre die Rettung. Fest steht nach dem Termin lediglich: Sich Namen zu merken, zählt nicht zu den persönlichen Stärken.“
Das Merken von Namen fällt vielen Menschen schwer, was nicht zuletzt daran liegt, dass das Äußere und speziell das Gesicht eines Menschen auch bei einem kurzem Aufeinandertreffen schon in Erinnerung bleibt, doch den Namen als mehr oder minder abstraktem Begriff kann das menschliche Gehirn nicht so leicht verarbeiten. Im Gehirn gibt es als Folge der evolutionären Entwicklung schließlich ein spezielles Areal, das dafür zuständig ist, Gesichter zu verarbeiten, während für Namen ein solcher Gehirnbereich nicht vorhanden ist. In der Evolution des Menschen war es offenbar wichtig, das Aussehen und die Gesichter der Mitglieder der eigenen Gruppe schnell zu identifizieren bzw. es gab die auch eine Notwendigkeit zur Differenzierung zwischen Menschen, da die Gruppengröße mit der Zeit unüberschaubar wurde. Namen sind erst später durch die Entwicklung der Sprache später hinzugekommen ist. Allerdings bleiben Namen schneller im Gedächtnis, wenn man einen emotionalen Bezug zu jemandem herstellen kann, oder wenn dieser Mensch eine große Bedeutung besitzt. Eine gewisse Rolle spielt vermutlich auch die Förderung im Kindesalter mit einem entsprechenden Training.
Sich den Namen anderer Menschen zu merken, ist für manche Menschen daher ein Problem. Verantwortlich dafür ist das menschliche Gehirn, denn wenn man jemand Neuen kennenlernt, entscheidet es mehr oder minder automatisch, welche Information es speichert und welche nicht. Da das Gehirn bei einem ersten Kennenlernen eine Fülle von Sinneseindrücken aufnehmen muss, nimmt das rationale Gedächtnis einen Namen viel zu kurz auf bzw. wird von anderen Eindrücken vom Gegenüber überlagert. Menschen können sich in der Regel daher Gesichter viel besser merken als Namen, denn dafür gibt es sogar eine eigene Region im Gehirn, die für das Erkennen von Gesichtern zuständig ist. Bei Namen dagegen tun sich das Gehirn eher schwer, was möglicherweise mit der Evolution zu tun hat, denn zuerst war es das Gesicht, das man sich merken konnte, während Namen erst sehr spät als Unterscheidungsmerkmal zwischen Menschen dazukam. Kontextlose Begriffe wie Namen haben in den ersten Sekunden für das Gehirn meist keine Priorität und werden daher ohne geeignete „Gegenstrategie“ nicht dauerhaft abgespeichert. Erst nachdem man dem anderen kennengelernt hat, baut sich eine veränderte Relevanzstruktur im Gehirn auf, also wenn das Gehirn schon entschieden hat, dass jemand interessant oder besonders attraktiv ist, bleibt auch der Name besser im Gedächtnis.
Ob man sich einen Namen merkt, hat natürlich auch mit der Bedeutung, die ein Mensch für einen hat, zu tun, denn wenn sich jemand nur kurz auf einer Party vorstellt, dann ist die Verarbeitungstiefe natürlich gering, vor allem auch deshalb, weil das nicht der einzige Mensch ist, den man kennenlernt. Ein gutes Namensgedächtnis hängt neben der Veranlagung auch von früher Förderung ab, denn wenn schon die Eltern großen Wert darauf legen, dass sich ein Kind Namen von Menschen merkt, ist die Wahrscheinlichkeit höher, dass sich diese Fähigkeit gut entwickelt. Um sich die Namen von Menschen zu merken, muss man vor allem lernen, den Namen zu einem Gesicht sicher abzuspeichern, um ihn später wieder abrufen zu können.
Ältere Menschen sollten sich selbst nicht unter Druck setzen, wenn sie den Namen eines Gesprächspartners vergessen haben, denn durch Angst unterdrückt man den Zugriff zum Gedächtnis. Wenn man einen Namen lange nicht mehr benutzt hat, braucht man zwischen vier und acht Sekunden, bis er wieder einfällt. Man sollte sich schwierige Namen, die beim Hören nicht nachvollziehbar sind, buchstabieren lassen oder notieren, und außerdem gibt es die Möglichkeit, Eselsbrücken zu bauen oder mit Bildern zu arbeiten. Bei Menschen, mit denen man oft zu tun hat, ist es allerdings das Beste, sich den Namen schlicht einzuprägen, denn das Aufbauen von Eselsbrücken kostet Zeit und das Rückübersetzen funktioniert nicht immer sicher.
Hier einige Hinweise und Tipps, wie man sein Namensgedächtnis mit ein wenig Übung deutlich verbessern kann:
Noch bevor sich eine Person namentlich vorstellt, sucht man sich an dieser Person ein charakteristisches Merkmal, welches spontan ins Auge fällt, wenn man diese Person betrachtet. Oft sind es Eigenheiten im Gesicht wie ausgeprägte Falten um den Mundwinkel, eine hohe Stirn, ein markanter Scheitel, lange oder fehlende Haare, auffälliger Schmuck oder besondere Kleidung. Wenn man dann den Namen des Menschen erfahren hat, geht es darum, diesen Namen mit dem entdeckten Merkmal zu verknüpfen, wobei der Name für sich genommen noch kein Bild darstellt, muss man den Namen erst in ein Bild verwandeln. Für das Einprägen von Vornamen kann man sich zunächst gängige Vor- und Nachnamen auf einer Liste zu sammeln und mit Bildern versehen, etwa einen Christian könnte ein Kreuz symbolisieren, einen Thomas eine Tomate oder eine Anna eine Ananas. Wenn nun jemand mit einer großen Nase als Thomas vorgestellt wird, kann man in Gedanken eine Tomate auf dessen Nase ausdrücken. Vornamen sind meist leichter zu erlernen als Nachnamen, denn es gibt nicht so viele und sie kommen im Sprachgebrauch häufiger vor. Bei Nachnamen ist es manchmal schwieriger, Bilder zu finden, wobei dafür die Schreibweise eines Namens zunächst keine Rolle spielen muss. Einem Herrn namens Schäfer kann man einen Schafskopf aufsetzen und sich das bildlich so deutlich vorstellen, wie ihm gerade die Haare geschoren werden, einer Frau Weidenholzer verpasst man einen einen Zaun um eine Weide, auf der sie eingesperrt ist. Manchmal kann man einen Namen auch mit einer bekannten Person verbindet, denn sollte man einen Herrn Sarkozy kennenlernen, dann kann ihn mit Carla Bruni in Verbindung bringen, die ihm gerade ein Ständchen singt.
Wichtig ist es auch, einem Namen Aufmerksamkeit und Interesse zu schenken, man kann bei seltenen Namen nachfragen, woher der Name kommt und was er eventuell bedeutet. Das Interesse hat unter anderem die Wirkung, dass sich der Mensch wahrgenommen fühlt und der Name einem eher im Gedächtnis bleibt. In jedem Fall sollte man in einem Gespräch mit der vorgestellten Person den Namen wiederholen, denn durch die Wiederholung wird auch das Klangbild des Namens bei bewusster wahrgenommen.
Die folgende Übung zielt darauf ab, das Erinnern von Namen mit den dazugehörigen Gesichtern zu trainieren. Zu diesem Zweck kann eine Illustrierte mit den dort abgebildeten Personen-Fotos betrachtet werden, wobei die dazugehörigen Namen studiert werden. Im Anschluss werden die Bildunterschriften abgedeckt und das Gelesene aus dem Gedächtnis abgerufen. Erfolgreiches Gedächtnistraining beinhaltet stets auch ein Training der Konzentration und Aufmerksamkeit. Eine Vielzahl von Problemen mit dem Gedächtnis und der Merkfähigkeit lässt sich nämlich auf Konzentrationsprobleme zurückführen, nicht auf Gedächtnisprobleme.
Mit einer kleinen Übung, kann man sein Namensgedächtnis trainieren, um dann im Ernstfall rasch reagieren zu können und ein Bild zu finden. Beim Frühstück kann man bei der Lektüre der Morgenzeitung fünf bis zehn Bilder von Personen herausgreifen und die beschriebene Methode anwenden, indem man sich zu jeder Person eine mentale Brücke baut, die man mit dem Vor- und dem Nachnamen verknüpft. Überprüfen Sie am Abend, wieviele der Personen sie sich namentlich gemerkt haben. Man kann diese Übung übrigens auch als unterhaltsames Spiel betreiben.
Die Menschen erinnern sich übrigens meist nicht daran, was man gesagt hat,
sondern welches Gefühl man ihnen dabei gegeben hat.
Dieser Tipp fand sich übrigens im FOCUS vom 5. April 2014 unter dem Titel „Der Superkleber fürs Gehirn“ 😉 Dort fanden sich ach ein paar Verbilderungsbeispiele für Vornamen:
- Claudia: Klaut ein Dia.
- Birgit: Mag sie Bier? Neee, Sie findet Bier igitt!
- Wiebke: Wippt im Keller. (Ihr Bild für die Endung -ke könnte immer ein Keller sein)
- Rebekka: Geht mit einem Reh zu Bäcker.
- Sarah: Macht eine Tour durch die Sahara.
- Dominik: Steht am Dom und nickt. Oder er spielt Domino und nickt ständig.
- Oliver: Reibt sich mit Olivenöl ein.
- Harald: Seine Haare sind alt.
- Markus: Gibt einer alten D-Mark einen Kuss.
- Walter: Ein Wal im hohen Alter? Oder: Er ist der, der den Wald teert.
Weitere Beispiele für Assoziationen und Wortspiele: Michael trinkt gerne Milch, Anna balanciert eine Ananas auf dem Kopf, Matthias hüpft gerne auf Matten herum.
Wichtig ist immer, sich zu überlegen, was sich das Gehirn merken soll und was kann man ihm abnehmen, denn es ist völlig in Ordnung, sich Termine aufzuschreiben, denn Termine zu merken, wann etwa der nächste Arztbesuch ansteht, macht wenig Sinn. Man setzt daher solche Techniken nur dann ein, wenn es wirklich sinnvoll ist. Auch der berühmte Einkaufszettel ist besser als diesen mit der Körperroute zu verbinden, wie das manche Gedächtnisgurus vorschlagen!
Die weit verbreiteten Ansicht, dass das Gedächtnis für Namen im Allgemeinen schlechter ist als das Gedächtnis für Gesichter, beruht möglicherweise auf einem Irrtum. Burton, Jenkins & Robertson (2018) haben in einigen Untersuchungen nämlich gezeigt, dass sich Menschen beim Wiedererkennen eher mit Gesichtern als mit Namen schwertun. Man zeigte Probanden Gesichter und Namen von jeweils zwanzig unbekannten Frauen und Männern auf einem Bildschirm, wobei einer Gruppe die Gesichter gemeinsam mit den Namen dargeboten wurden, einer anderen Gruppe diese aber getrennt voneinander. Beim anschließenden Gedächtnistest wurden diese Gesichter teils auf anderen Fotos abgebildet und auch die Namen in einer anderen Schriftart und -größe dargeboten. Die Hälfte der nun theoretisch bekannten Gesichter und Namen erschienen getrennt voneinander vermischt mit unbekannten Gesichtern. Dabei wurden zwischen 83 und 86 Prozent der Namen, aber nur 64 bis 67 Prozent der Gesichter wiedererkannt. Bei identischem Bild und identischer Schrift war die Differenz zwar geringer, aber auch hier erkannten die Probanden die Namen besser als die Gesichter. Die unterschiedliche Leistung zwischen Namen und Gesichtern verschwindet allerdings bei vertrauten oder prominenten Menschen. Vermutlich bemerken die meisten Menschen im Alltag gar nicht, dass sie eine schon bekannten Person begegnen und glauben nur deshalb, ein schlechteres Namengedächtnis zu haben.
Literatur
Burton, A. M., Jenkins, R., & Robertson, D. J. (2018). I recognise your name but I can’t remember your face: An advantage for names in recognition memory. Quarterly Journal of Experimental Psychology, doi:10.1177/1747021818813081.
Wenn du jemanden kennenlernst, der denselben Vornamen trägt wie jemand, den du schon kennst, dann stelle dir beide Gesichter nebeneinander vor. Außerdem haben deutsche Nachnamen oft den Vorteil, dass sie mit einem Bild verknüpft werden können. Egal ob Wagner, Bauer, Fischer oder Wirth, viele Namen werfen Assoziationen auf.
Wenn sich also das nächste Mal etwa ein Karl Lauterbach bei dir vorstellt, kannst du dir Karl am lauten Bach vorstellen. Und wenn dir weder zum Ort noch zum Nachnamen etwas einfällt, dann arbeite mit Adjektiven und Tieren. Nimm den Anfangsbuchstaben des Namens und schreibe ihm eine Eigenschaft und ein Tier zu, die beide jeweils mit diesem Buchstaben beginnen. Für Lorenz wäre es beispielsweise lauter Löwe, für Katharina komische Katze. Wichtig ist, dass die Bilder lustig sind. Je emotionaler, desto einfacher.
Literatur
Stangl, W. (2023, 24. August). Namen merken Mnemotechniken. [werner stangl]s arbeitsblätter.
https://arbeitsblaetter.stangl-taller.at/LERNTECHNIK/Mnemotechnik-Namen-merken.shtml