Das verteilte Lernen, d.h., viele kleine, bewusst aufgeteilte Lernschritte sind besser als eine Großlernaktion. Massiertes Lernen vor Prüfungen führt dazu, dass keine Verarbeitungsreserven mehr genutzt werden können, der Lernstress wächst, Gliederung und Struktur des Stoffes verschwimmen. In der Prüfungssituation fehlt dann wegen des ungeordneten Gedächtnisinhaltes der Zugriff auf das gefragte Wissen und kurze Zeit nach der Prüfung ist das bruchstückhafte und unverarbeitete Wissen wieder verloren. Beständig arbeiten und sich dabei selbst kontrollieren ist besser, als ein paarmal exzessiv zu schuften und sich das trügerische Gefühl zu vermitteln, man habe auf die Schulaufgabe doch etwas getan. Am Tag vor der Prüfung sollte man ohnehin nichts mehr lernen, sondern dem Gehirn die Möglichkeit geben, das Gelernte zu verarbeiten und zu ordnen.
Von großer Wichtigkeit ist weiter, das zu lernende Wissen mehrfach zu kodieren, gewissermaßen in verschiedenen, miteinander im Austausch stehenden Hirnregionen parallel abzuspeichern. Das meint also, nicht nur das Lernmaterial lesen oder sich ansehen, sondern selbst sprechen oder es sich erzählen lassen, schreiben, unterstreichen, farbig hervorheben, ausmalen, sich beim Lernen bewegen, Bilder dazu malen …
Als besonders bedeutsam hat sich herausgestellt, bewusst auch die sprachliche Ebene von Informationen und Lerninhalten zu verlassen und innere Vorstellungen und Bilder mit einzubeziehen und den Stoff selbst räumlich-visuell durch Strukturskizzen und Mindmaps aufzubereiten. Ziel ist es, das Wissen in vielfältiger Weise im Gehirn „abgebildet“ zu haben und es so auch auf den verschiedenartigsten Wegen wieder abrufen oder assoziativ mit anderen Wissensinhalten verknüpfen zu können. Siehe dazu „Das Aneignen von Lernstoff„.
Um eine möglichst hohe Lerngeschwindigkeit zu erzielen, ist das Gehirn schon von seiner Entwicklung her darauf angelegt, erst einfache Muster und Grundlagen aufzunehmen und erst darauf komplexere Strukturen und Stoffe sich anzueignen. Nur wenn im Gehirn ein solides Grundwissen und geübte Grundfertigkeiten verankert sind, ist es dazu fähig, anspruchsvollere Wissensstrukturen einzugliedern und etwas zu abstrahieren oder auf einen anderen Wissenszusammenhang übertragen zu können.
Ein gutes Gedächtnis beruht auch auf stetem Wiederholen des Gelernten, denn nur dann haben SchülerInnen die Kontrolle, was wirklich behalten und ins Langzeitgedächtnis übertragen wurde.
Siehe dazu Repetitio est mater studiorum!
Es ist nach neueren Forschungen wichtig, dass ein Lerninhalt kontinuierlich wiederholt wird, um so lange im als Zwischenablage fungierenden Arbeitsgedächtnis zu bleiben, bis er aktuell benötigt oder dauerhaft im Gehirn abgespeichert wird. Wissenschaftler bestätigten diese alltägliche Vermutung auch in Experimenten, in denen freiwillige Probanden versuchten, Details von Bildern in ihrem Arbeitsgedächtnis ständig verfügbar zu halten. Mit Hilfe von Gehirnmessungen und mathematischen Algorithmen untersuchte man, welche Inhalte sich in welcher Hirnaktivität widerspiegeln und konnte zeigen, dass die Informationen über die Bilder kontinuierlich und repetiert wurden, während sie sich im Arbeitsgedächtnis der Probanden befanden. Dieses periodische Wiederholen wurde durch Rhythmen koordiniert, wobei eine gute rhythmische Koordinierung das Arbeitsgedächtnis der Probanden stärkte.
Auf einem sich so durch Neulernen und Repetieren verdichtenden Netz von Wissen wird neues Wissen immer müheloser und schneller eingegliedert als in einer „Tabula rasa“, denn das Lernen geht dann von einem expliziten, also bewusst angestrengten Lernen, zu einem impliziten, also unbewusst, selbstgesteuerten Lernen, über, das wie von selbst geschieht. Erwachsene lernen fast ausschließlich auf diese Weise.
Die erste Grundvoraussetzung für ein gutes Gedächtnis ist aber in allen Fällen eine hohe Aufmerksamkeit, denn das menschliche Gedächtnis bevorzugt Routinen. Wenn man beim Lernen mit seinen Gedanken woanders ist, wird es jedem Gehirn prinzipiell schwer fallen, sich Besonderheiten einzuprägen und Unterscheidungen zu treffen. Wann immer man wichtige Informationen aufnehmen will, sollte man sich mit allen Sinnen darauf konzentrieren, denn Multitasking funktioniert erwiesenermaßen nicht.
Quelle: http://www.stephanreuthner.de/gedaechtnis.htm (08-01-09)