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TikTok-Videos oder Instagram-Videos verhindent nachhaltiges Lernen

    Lernposter

    Kurzvideos auf Plattformen wie TikTok oder Instagram sind inzwischen ein fester Bestandteil des Alltags vieler Lernender. Sie bieten eine unterhaltsame und effiziente Möglichkeit, Wissen zu vermitteln, und sind oft weniger als eine Minute lang. Dieser mediale Wandel wirft jedoch grundlegende Fragen für die Bildungsforschung auf. In zwei Untersuchungen hat Otto (2025) die Effekte dieser Form der Wissensvermittlung auf das Lernen analysiert. Der Fokus der Studien lag auf der Ergründung der Auswirkungen des Konsums von Kurzvideos auf den Lernerfolg sowie auf die Anwendung kognitiver Strategien. In einem Online-Experiment (n = 120) wurde der Lerneffekt von Erklärvideos, die dem Stil gängiger Social-Media-Plattformen entsprechen, mit dem von klassischen Textformaten verglichen. Die Versuchspersonen wurden mit identischen Inhalten in zwei unterschiedlichen Medienformen konfrontiert. Zwei Gruppen erhielten die Informationen in Textform, während zwei andere Gruppen die Informationen in Form dreier Kurzvideos erhielten. Die Auswertung ergab signifikante Nachteile für die Gruppen, die sich auf das Videomanagement stützten. Sowohl bei der einfachen Faktenrecherche als auch bei komplexeren Transferaufgaben wiesen diese Nachteile auf. Für diese Entwicklung wird insbesondere eine oberflächliche Lernstrategie verantwortlich gemacht, die durch den schnellen, reizintensiven Konsum von Clips ausgelöst wird. Das passive Ansehen dieser Clips verhindert demnach eine tiefere kognitive Verarbeitung, die für nachhaltiges Lernen notwendig ist. Diese Ergebnisse stehen im Einklang mit den Ergebnissen einer zweiten, begleitenden Studie, in der 170 Erwachsene zu ihrem Konsumverhalten von Kurzvideos und ihrer Selbsteinschätzung im rationalen Denken befragt wurden. Die Daten weisen eine negative Korrelation auf: Die Nutzung von Kurzvideos zum Lernen ist mit einer geringeren Einschätzung der Fähigkeit zum logischen Denken assoziiert – ein Eindruck, der sich auch in den Ergebnissen eines anschließenden Wissenstests bestätigt. Die Testpersonen, die einen hohen Videokonsum aufwiesen, erzielten im Durchschnitt schlechtere Resultate.

    Diese Ergebnisse basieren unter anderem auf der „Cognitive Theory of Multimedia Learning“, die davon ausgeht, dass Lernprozesse besonders effektiv sind, wenn Informationen in einem balancierten Zusammenspiel aus auditiven und visuellen Reizen dargeboten werden. Kurzvideos stellen eine besondere Herausforderung für das Arbeitsgedächtnis dar, da sie durch schnelle Bildwechsel, Einblendungen und fehlende Pausen zur Reflexion gekennzeichnet sind. Dies führt zu einer unzureichenden Verknüpfung neuer Informationen mit bereits vorhandenem Wissen, was ein zentraler Aspekt für erfolgreiches Lernen darstellt. Auch andere Experten mahnen zur Vorsicht bei der Betrachtung digitaler Medien als Allheilmittel für Lernprobleme. Der unreflektierte Einsatz von Kurzvideos kann bestehende Herausforderungen verschärfen, sofern er nicht in ein pädagogisches Gesamtkonzept eingebettet ist. Klassische Lernformen wie das Lesen von Texten oder das Gespräch im Unterricht sind durch digitale Medien nicht ohne Weiteres ersetzbar. Besorgniserregend ist zudem, dass sich bei den Versuchspersonen bereits nach nur drei Minuten Videokonsum eine messbare Präferenz für oberflächliche Lernstrategien zeigte. Diese Strategie zeichnet sich durch einen minimalen Aufwand aus: Die Inhalte werden kurzfristig auswendig gelernt, jedoch nicht in ihrer Tiefe durchdrungen. Es liegen empirische Belege vor, die eine negative Korrelation zwischen der Effektivität des Lernens und der Dauer des Lernprozesses belegen. Es konnte beobachtet werden, dass Kurzvideos offenbar einen signifikanten Einfluss auf die Verstärkung dieser Herangehensweise haben, insbesondere in Fällen, in denen sie unkritisch als Lernmittel eingesetzt werden. Die zunehmende Popularität von Kurzvideos als Lernformat bedarf daher einer sorgfältigen Analyse, da sie zwar einen schnellen Zugang zu Wissen ermöglichen, jedoch häufig eine tiefere Verarbeitung desselben verhindern. Schülerinnen und Schüler sollten daher nicht nur lernen, mit digitalen Inhalten umzugehen, sondern auch kritisch zu reflektieren, wie und wann sie diese konsumieren. Es konnte festgestellt werden, dass ein bewusster Verzicht auf das Mobiltelefon und das Videogerät unmittelbar vor oder nach dem Lernen die kognitive Verarbeitung und Konzentration deutlich verbessern kann.



    Literatur

    Otto, T. (2025). Should educators be concerned? The impact of short videos on rational thinking and learning: A comparative analysis. Computers & Education, 234, doi:10.1016/j.compedu.2025.105330.
    Stangl, W. (2025, 30. Juni). Der negative Einfluss von Kurzvideos auf das Lernen. Neuigkeiten aus der wissenschaftlichen Pädagogik.
    https:// paedagogik-news.stangl.eu/der-negative-einfluss-von-kurzvideos-auf-das-lernen.


    Siehe dazu auch
    die zahlreichen falschen Lerntipps,
    die im Internet kursieren!


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