Der Gedächtnispalast ist eine Erweiterung der Loci-Methode, sodass das Beherrschen der der Loci-Methode eine Voraussetzung ist, um den Gedächtnispalast effektiv anwenden zu können. Mit Hilfe eines Gedächtnispalastes lassen sich die verschiedensten Informationen im Gedächtnis abspeichern, etwa Geschichtsdaten, Vokabeln oder längere Texte sein. Wie bei der Loci-Methode werden auch bei dieser Mnemotechnik in eine Gebäude – eben dem Gedächtnispalast – Daten an unterschiedlichen Stellen abgelegt, wofür man möglichst lebhafte und emotionale Bilder erzeugen muss, d. h., je lebendiger und realistischer die Assoziationen sind, desto länger kann man sich die Informationen merken. Wichtig ist dabei ein logischer und übersichtlicher Aufbau des Gedächtnispalastes, indem man die Räume und Stockwerke des Palastes mit unterschiedlichen Farben versieht, die als weitere Gedächtniskomponente für Übersicht sorgen. Ein Gedächtnispalast wird meist Stock für Stock und Raum für Raum aufgebaut, wobei meist schon erste Informationen abgelegt werden. Wie bei der Loci-Methode können sämtliche Informationen in dem Gedächtnispalast abgespeichert werden, die sich mnemotechnisch in Bilder umwandeln lassen. Handelt es sich um sehr abstrakte Inhalte, empfiehlt es sich ein zusätzliche Gedächtnissystem wie das Major-System zu nutzen.
Historisch betrachtet wurden im Spätmittelalter neben den traditionellen religiösen Inhalten auch Grammatiken, Geografisches und Justistisches in bildliche Darstellungen übersetzt, die von einer rein bildlichen Umsetzung schließlich bis zu faszinierenden Gedächtnistheatern – insbesondere dann in der Renaissance – immer weiter entwickelt wurden, in denen man schließlich versuchte, anhand von wenigen Ordnungsregeln das gesamte Weltwissen enzyklopädisch zu speichern, wobei diese Ordnung gleichzeitig das von Gott geschaffene Universums als kosmische Weisheit widerspiegeln sollte.
In der Neu- und Jetztzeit sind es vor allem Gedächtniskünstler, wobei es sich in den meisten Fällen nicht um außergewöhnlich Begabte handelt, die die Methode des Gedächtnistheaters bemühen, wobei es bekanntlich nationale und internationale Wettbewerbe gibt, in denen in unterschiedlichsten Disziplinen versucht wird, über das Normalgedächtnis hinausragende Leistungen zu erbringen.
Wrede (1997) weist übrigens darauf hin, dass das Konzept der Hypermedialität – verkörpert vor allem in den neueren digitalen Medien, insbesondere in Gestalt der Netzstrukturen des Internet – die Möglichkeit bietet, Inhalte wieder mehr topologisch zu organisieren. Die derzeit stattfindende Vergrößererung des Anteils der nicht-literalen Welterfahrung fördert so erneut den Konflikt zwischen einer topologisch-sinnlichen Imagination und dem logisch-symbolischen Repräsentationismus.
Literatur
Wrede, O. (1997). Mnemotechnik in grafischen Benutzeroberflächen. formdiskurs. Zeitschrift für Design und Theorie. Design und Neue Medien Nr. 2.