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Bewegung ins Lernen bringen

    Diese Methode ist vor allem für jene Lernenden angebracht, die an dem Lernstoff nicht allzu viel Interesse haben bzw. denen generell die Motivation zum Lernen fehlt. Die Übung eignet sich besonders für Lernstoffe wie Geografie oder Geschichte, aber auch bei Sprachen kann man diese Methode einsetzen.

    Dazu braucht man einen Tisch und genügend Raum, d.h., man sollte alle Türen in der Wohnung offensten lassen, wenn man einen Garten hat, dann kann man auch den einbeziehen. Auf dem Tisch breitet man zuerst den Stoff aus, nicht zuviel, sondern gerade soviel, wie man in einer Stunde lernen möchte. Dann nimmt man sich die erste halbe Seite vor und liest sie genau durch, sucht ein paar Schlüsselwörter und Begriffe, die man sich dazu einprägen möchte. Nun geht man einige Runden in der Wohnung und memoriert diese Schlüsselwörter und Begriffe. Dabei sollte man sich nicht nur sprachlich äußern, sondern kann versuchen, die Inhalte mit Gesten oder Grimassen zu unterstreichen, man kann in der Nase bohren, man kann tanzen oder Kniebeugen machen – hier sind der Kreativität keine Grenzen gesetzt. Man kann in der Wohnung auch Ankerplätze für seine Schlüsselwörter suchen, also Möbelstücke oder Geräte, die herumstehen. Wenn man dann zum Lernstoff zurückkehrt, überprüft man sein Wissen und versucht, sich auf die inzwischen vergessenen Inhalte zu konzentrieren bzw. macht wieder ein paar Runden in der Wohnung. Maximal dreimal sollte man ein solches Stoffbündel durcharbeiten und dann das nächste angehen usw. Das alles sollte man maximal eine Lerneinheit – also etwa eine Stunde – lang machen und sich nachher eine ebenso lange Pause gönnen, damit das Gehirn in der Zwischenzeit weiter lernen kann.

    Damit körperliche Bewegung die Gedächtnisbildung unterstützt, kommt es darauf an, dass die Bewegung zum richtigen Zeitpunkt gemacht wird, und zwar einige Stunden nach dem Lernen. Bei einem Experiment (Van Dongen et al., 2016) mussten sich Probanden Bilder einzuprägen und wurden danach in drei Gruppen eingeteilt: Die eine musste sofort zum Sport (intensives Fahrradfahren), die zweite nach vier Stunden, die dritte gar nicht. Zwei Tage  später wurden alle drei Gruppen geprüft und es zeigte sich, dass diejenigen, die zwischen Lernen und Sport eine vierstündige Pause eingelegt hatten, alle anderen übertrafen. Magnetresonanztomografische Untersuchungen zeigten bei dieser Gruppe eine stärkere Aktivität im Hippocampus, was für die Bildung des Langzeitgedächtnisses entscheidend ist. Man vermutet, dass es an der Ausschüttung körpereigener Stoffe wie Dopamin und Noradrenalin liegt, die die Gedächtnisbildung unterstützen und die durch körperliche Aktivität in die Höhe getrieben wurden.

    Wissenschaftliche Begründung, warum Lernen in Bewegung effektiver ist

    Wenn ein Mensch sich bewegt, verarbeitet er visuelle und auch andere Eindrücke anders als wenn er sich im Ruhezustand befindet. Schon seit einiger Zeit weiß man, dass Bewegung auch das Lernen beeinflusst. So wird beim Gehen etwa das periphere Gesichtsfeld im Vergleich zum zentralen Anteil viel deutlicher ausgelesen als in Ruhe. Das lässt sich sowohl an der Wahrnehmung der Probanden als auch an deren Gehirnantwort nachweisen. Diese Verschiebung der optischen Präferenz beim Gehen macht Sinn, denn es ist vor allem die periphere visuelle Information, die Aufschluss über die Richtung und Geschwindigkeit einer Bewegung gibt und damit für die Navigation eine wichtige Rolle spielt. Cao & Händel (2019) verwenden in ihren Experimenten Elektrodenkappen, während die Versuchspersonen umherlaufen, um die Gehirnströme zu erfassen. Die EEG-Daten gehen drahtlos an einen Laptop, den die Probanden in einem Rucksack mit sich führen, wobei Bewegungssensoren, Videobrillen und mobile Geräte zur Aufzeichnung der Augenbewegungen das Setting vervollständigen. Eine Verbindung gibt es übrigens auch zwischen Kreativität und Augenbewegungen, denn man weiß, dass Menschen öfter blinzeln, je kreativer sie eine Aufgabe lösen. Auch Menschen beim Umherlaufen blinzeln ebenfalls häufiger als in Ruhe, sodass es offenbar zwischen den Bewegungen des Körpers, der Augen und der geistigen Leistungsfähigkeit Verknüpfungen gibt.

    Ergebnisse empirischer Studien (Zimmer, 2009) zeigen die positiven Einflüsse sportlicher Aktivitäten auf die kindliche Entwicklung im Hinblick auf die Sprache. Es gibt einen deutlichen Zusammenhang zwischen motorischer und sprachlicher Leistung, denn je ausgeprägter die motorischen Fähigkeiten eines Kindes sind, desto besser ist die Leistung des Kindes beim Verstehen von Sätzen und beim Satzgedächtnis. Zudem gibt es eine Übereinstimmung zwischen dem phonologischen Arbeitsgedächtnis und der Gedächtnisspanne für Wortfolgen mit der feinmotorischen Geschicklichkeit. Daraus kann abgeleitet werden, dass die feinmotorische Ausprägung und die Sprachentwicklung parallel laufen.

    Siehe auch den Lerntipp Lernen beim Spazieren gehen.

    Literatur

    Cao, L. & Händel, B. (2019). Walking enhances peripheral visual processing in humans. PLoS Biology, 17, doi:10.1371/journal.pbio.3000511.
    Van Dongen, E. V.,  Kersten, I. H. P., Wagner, I. C., Morris, R. G. M. & Fernandez, G. (2016). Physical Exercise Performed Four Hours after Learning Improves Memory Retention and Increases Hippocampal Pattern Similarity during Retrieval. Current Biology, doi: 10.1016/j.cub.2016.04.071.
    Zimmer, Renate (2009). Handbuch Sprachförderung durch Bewegung. Freiburg: Herder.

    [Quelle: https://pbs.twimg.com/media/Bw9UC3FCMAAg1NR]

     



    Ein Gedanke zu „Bewegung ins Lernen bringen“

    1. Bei Studien konnten Forschende belegen, dass sich das Gedächtnis von Ratten verbessert, wenn sie täglich eine Stunde Schwimmtraining bekommen. Nach nur sieben Tagen Training konnten Verbesserungen im Kurz- und Langzeitgedächtnis festgestellt werden.

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