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Strategien gegen Prüfungsangst

    Lernposter

    Prüfungsangst ist ein weit verbreitetes Phänomen, das Menschen jeden Alters betrifft – von Schüler*innen über Studierende bis hin zu Erwachsenen in beruflichen Weiterbildungen. Sie äußert sich in vielfältigen körperlichen und psychischen Symptomen: Herzrasen, Schweißausbrüche, Schlafstörungen, Konzentrationsprobleme und ein lähmendes Gefühl der Überforderung können Betroffene in Prüfungssituationen massiv beeinträchtigen. Die Ursachen von Prüfungsangst sind komplex und reichen von negativen Lernerfahrungen über hohen Leistungsdruck bis hin zu tief verankerten Selbstzweifeln. Um ihr wirksam zu begegnen, ist ein umfassender Ansatz notwendig, der sowohl kurzfristige Bewältigungsstrategien als auch langfristige Präventionsmaßnahmen umfasst.

    Zunächst ist es wichtig zu verstehen, dass Prüfungsangst nicht zwangsläufig ein Zeichen von Schwäche ist, vielmehr ist sie eine natürliche Reaktion des Körpers auf eine als bedrohlich empfundene Situation. In moderatem Ausmaß kann Angst sogar leistungsfördernd wirken, da sie zu erhöhter Wachsamkeit und Motivation führt. Kritisch wird es allerdings, wenn die Angst überhandnimmt und die kognitive Leistungsfähigkeit stark einschränkt. In solchen Fällen sprechen Fachleute von einer Prüfungsangststörung, die behandlungsbedürftig sein kann (Zeidner, 1998).

    Ein zentraler Baustein zur Überwindung von Prüfungsangst ist eine gute Vorbereitung. Studien zeigen, dass ein strukturierter Lernplan, regelmäßige Wiederholungen und die Anwendung effektiver Lerntechniken das Sicherheitsgefühl vor einer Prüfung erheblich steigern können (Pekrun et al., 2002). Dabei helfen Methoden wie das „aktive Abrufen“ (retrieval practice), bei dem gelernter Stoff in eigenen Worten wiedergegeben wird, sowie das „verteilte Lernen“, das Inhalte über einen längeren Zeitraum hinweg wiederholt. Diese Techniken verbessern nicht nur das Langzeitgedächtnis, sondern mindern auch das Gefühl, unvorbereitet zu sein – eine der Hauptursachen von Prüfungsangst.

    Auch der Umgang mit den eigenen Gedanken spielt eine entscheidende Rolle. Kognitive Umstrukturierung – eine Technik aus der kognitiven Verhaltenstherapie – zielt darauf ab, negative, angstfördernde Gedanken zu identifizieren und durch realistischere, hilfreiche Überzeugungen zu ersetzen. So kann aus dem lähmenden Gedanken „Ich werde sowieso versagen“ die konstruktive Aussage „Ich habe mich gut vorbereitet, ich gebe mein Bestes“ werden. Mehrere Studien belegen die Wirksamkeit solcher Interventionen bei der Reduktion von Prüfungsangst (Hembree, 1988).

    Neben der kognitiven Ebene ist auch die emotionale Regulation zentral. Atemübungen, progressive Muskelentspannung nach Jacobson oder Achtsamkeitstechniken wie Meditation helfen, den Körper in Stresssituationen zu beruhigen. Achtsamkeit, also das bewusste Wahrnehmen des gegenwärtigen Moments ohne Bewertung, kann dazu beitragen, den inneren Stresskreislauf zu unterbrechen. Forschungen zeigen, dass achtsamkeitsbasierte Programme wie MBSR (Mindfulness-Based Stress Reduction) Ängste und Stress signifikant senken können, auch im schulischen und akademischen Kontext (Zenner, Herrnleben-Kurz & Walach, 2014).

    Darüber hinaus ist es ratsam, auch die Rolle des sozialen Umfelds nicht zu unterschätzen, denn Gespräche mit Mitstudierenden, Freundinnen oder Familienmitgliedern können entlastend wirken. In besonders schweren Fällen kann die Inanspruchnahme professioneller Hilfe, etwa durch Psychologinnen oder schulische Beratungsstellen, eine wichtige Unterstützung darstellen.



    Literatur

    Hembree, R. (1988). Correlates, causes, effects, and treatment of test anxiety. Review of Educational Research, 58, 47–77.
    Hodapp, V., & Benson, J. (1997). Prüfungsangst: Ein Lehrbuch für Ausbildung, Weiterbildung und Praxis. Weinheim: Beltz.
    Petermann, F., & Wiedebusch, S. (2013). Leistungsängste bei Kindern und Jugendlichen: Ein Ratgeber für Eltern, Lehrer und Therapeuten. Göttingen: Hogrefe.
    Pekrun, R., Goetz, T., Titz, W. & Perry, R. P. (2002). Academic emotions in students’ self-regulated learning and achievement: A program of qualitative and quantitative research. Educational Psychologist, 37, 91–105.
    Reiss, N., & Schienle, A. (2017). Effektivität achtsamkeitsbasierter Interventionen bei Prüfungsangst: Eine Meta-Analyse. Psychologische Rundschau, 68, 103–112.
    Rost, D. H. (2013). Intelligenz und Leistung. In D. H. Rost (Hrsg.), Handwörterbuch Pädagogische Psychologie (S. 342–351). Weinheim: Beltz.
    Schwinger, M., & Otterpohl, N. (2017). Prüfungsangst: Erscheinungsformen, Ursachen und Interventionen. In W. Schneider & U. H. Helmke (Hrsg.), Enzyklopädie der Psychologie: Pädagogische Psychologie (S. 291–328). Göttingen: Hogrefe.
    Zeidner, M. (1998). Test Anxiety: The State of the Art. New York: Plenum Press.
    Zenner, C., Herrnleben-Kurz, S., & Walach, H. (2014). Mindfulness-based interventions in schools – a systematic review and meta-analysis. Frontiers in Psychology, 5, 603.


    Siehe dazu auch
    die zahlreichen falschen Lerntipps,
    die im Internet kursieren!


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