Ein Zufallsfund auf einer Webseite pries die Vorzüge der neuen Medien und gab Beispiele, wie man mit ihnen sein Gedächtnis entlasten kann. Begründet wird das durch Forschungsergebnisse, wonach Menschen, die alles aufschreiben, sich besser erinnern können als diejenigen, die nichts aufschreiben. Man sollte daher ein Notizbuch bei sich tragen, in das man alles eintragen kann. Und dann kommen die neuen Medien ins Spiel:
„Ist Ihnen zu Hause schon einmal etwas eingefallen, das Sie am nächsten Tag bei der Arbeit dringend erledigen mussten, und Ihnen war klar, dass Sie es bis dahin vergessen haben würden? Oder konnten Sie sogar nicht richtig schlafen, weil Sie befürchtet haben, eine wichtige Aufgabe zu vergessen? Lösen Sie das Problem, indem Sie sich von zu Hause eine E-Mail an die Firma schicken oder sich selbst eine Nachricht auf dem Anrufbeantworter hinterlassen.“ Und auch für das Handy gibt eine praktische Verwendung: „Wahrscheinlich können Sie mit Ihrem Handy auch fotografieren. Prima, dann müssen Sie nämlich nicht nach Stift und Papier suchen, wenn Sie festhalten wollen, wann Ihr Zug von welchem Gleis fährt, oder welche Nummer Ihr Parkplatz im wievielten Stockwerk des Parkhauses hat. Ein weiterer Vorteil: Es ist unwahrscheinlich, dass Sie diese „Notiz“ verlieren. Alternative: Eine Soundaufnahme.“
So hilfreich diese Empfehlungen auf den ersten Blick auch scheinen, sie unterstützen Menschen darin, das Gedächtnis zu externalisieren, was langfristig dazu führt, dass das Gedächtnis immer ungeübter wird, Dinge zu memorieren und spontan bereit zu haben. Dafür müssen dann im höheren Alter spezielle Übungen eingesetzt werden, um das Gedächtnis zu trainieren. Man sollte daher diese beiden Tipps cum grano salis betrachten und nur für den Notfall anwenden. Also zuerst versuchen, sich zu erinnern und erst dann in die Mailbox schauen bzw. die Bilder vom Handy abrufen.
Fotografieren beeinträchtigt die Gedächtnisleistung
Henkel (2014) bat in einem Experiment zwei Gruppen von Studenten zu einer Führung durch ein Kunstmuseum, wobei diese auf bestimmte Exponate aufmerksam gemacht wurden. Eine Gruppe wurde gebeten, die Objekte einfach zu betrachten, die zweite Gruppe sollte Fotografien davon machen. Bei einem Gedächtnistest am folgenden Tag konnten sich die fotografierenden Studienteilnehmer an weniger Objekte erinnern als diejenigen zweite Gruppe, wobei diesen auch weniger Details einfielen. Diese Untersuchung zeigt, dass der eigentliche Zweck des Museumsbesuchs, das Anschauen von Bildern und Genießen von Kunst, beim Fotografieren verloren geht. Offensichtlich hat es einen negativen Einfluss auf ihre Erinnerung, wenn sich Menschen zu sehr auf die Technik verlassen. Wenn man hingegen nur ausgewählte Fotos schießt und diese später auch wieder betrachtet, werden die Erinnerungen an den Museumsbesuch hingegen gestärkt. Ähnliches gilt vermutlich für alle TouristInnen, die bei ihren Urlauben die besuchten Kunstdenkmäler vorwiegend durch das Kameraobjektiv betrachten.
Hilfreich sind hier Mnemotechniken.
Literatur
Henkel, Linda A. (2014). Point-and-Shoot Memories: The Influence of Taking Photos on Memory for a Museum Tour. Psychological Science, 25, 396–402.
Stangl, W. (2016, 8. Oktober). Gedächtnis des Menschen vs. Gedächtnis der Kamera. Psychologie-News.
http://www.vnr.de/b2b/organisation/bueroorganisation/ (08-12-11)