Wenn Menschen etwas wahrnehmen, müssen sie das Wahrgenommene entweder in ihrem bestehenden Wissensnetz finden und darauf zurückgreifen, oder aber es mühsam neu konstruieren. Verfügen sie bereits über relevantes Vorwissen zu einem Thema, können sie darauf zurückgreifen und das Wahrgenommene leicht in dieses Wissensnetz einordnen. Erfahren sie jedoch etwas völlig Neues, für das sie kein passendes Wissen in ihrem mentalen Netzwerk vorrätig haben, müssen sie das neue Wissen aktiv in ihr bestehendes System integrieren. Dieser Prozess der Wissenskonstruktion erfordert kognitive Anstrengung und ist oft herausfordernd, da neue Informationen mit bereits vorhandenem Wissen verknüpft und in das bestehende Gefüge sinnvoll eingepasst werden müssen.
Später, wenn das neu erworbene Wissen abgerufen werden soll, erfolgt die Rekonstruktion: Das Wissen wird dann aus dem mentalen Netzwerk geholt und wieder ins Bewusstsein gebracht. Wurde das Wissen jedoch nur oberflächlich und ohne tiefes Verständnis konstruiert, etwa durch reines Pauken ohne Durchdringung der Zusammenhänge, dann ist es nicht dauerhaft und sinnvoll in das Wissensnetz eingebunden. Stattdessen wird es nur kurzfristig gespeichert und kann später leicht wieder vergessen werden, da die korrekten neuronalen Verknüpfungen fehlen. Nur wenn neues Wissen gründlich und mit Bedacht konstruiert wird, indem man es in Beziehung zu bestehendem Wissen setzt und die Zusammenhänge durchdringt, kann es dauerhaft und abrufbar im Gedächtnis verankert werden.